Romanwerkstatt
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Das Buch, das mich in den letzten Jahren fraglos am meisten beeindruckt hat, ist ein Zufallsfund mit dem Titel "Still – Chronik eines Mörders" des Österreichers Thomas Raab. Ein Roman, der sich um einen Jungen und später jungen Mann dreht, der unter extremer Hellhörigkeit leidet. Extrem! Echt. Und leidet. Extrem leidet. So extrem, dass alles, was er tut, kein gutes Ende nimmt. Gar kein gutes Ende. Echt.
Neben der berückenden Grundidee, die hypersensible Persönlichkeit in den Fokus einer mörderischen Karriere zu stellen, und neben der mitreißenden, obwohl im Grunde simpel chronologischen Dramaturgie besticht das Buch vor allem durch seine Sprache. Abwechslungsreich, wortschatzauskostend, sprachgewandt ausgestaltete Sätze unterschiedlichsten Formats. Merkwürdige, aber schlüssige Sprachbilder. Und eine atemberaubende Fülle von Cliffhangern, zum Teil mitten in den Sätzen, waghalsige Halsen und Wenden und Kehrtwenden in ein und derselben Zeile. Fast jeden Abschnitt ziert ein aufmüpfiges Ende, das einen dazu aufruft und anstachelt weiterzulesen, und doch wie selbstverständlich daherkommt und oft absolut zwingend erscheint, unter Garantie aber in stundenlanger Kleinarbeit ausgefeilt wurde.
Könnte man sich echt eine Scheibe von abschneiden. Bloß welche?
von Ulrich Land (Kommentare: 0)
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